Joomla! und webEdition – ein Vergleich
2. Juli 2008, 15:05 Uhr Martin
Gestern haben wir eine Studienarbeit im Fach »Online-Redaktion« abgeben, bei der wir mit dem Web-CMS webEdition ein Web-Projekt realisieren sollten. Da liegt es nahe, einen kleinen Vergleich von Joomla und webEdition zu bieten, der unsere persönlichen Erfahrungen mit beiden Systemen widerspiegelt.
Grundsätzliches
- Plattform: Beide Systemen sind webbasiert und beiden liegt die Sprache PHP sowie die Datenbank MySQL zugrunde.
- Einsatz: webEdition ist aus unserer Sicht primär für kleine bis mittlere Websites gedacht, Joomla ebenfalls für mittlere Sites, insbesondere aber Web-Portale.
- Lizenz/Kosten:
webEdition ist ein kommerzielles System und kostet zwischen 399,- und 1.000,- Euro (dann mit allen Zusatzmodulen), wohingegen Joomla bekanntlich Open Source ist und kostenlos erhältlich ist. [Update] Seit November 2008 ist webEdition ebenfalls Open Source. - Verbreitung: webEdition hat laut Contentmanager.de ca. 40.000 Installationen weltweit, wohingegen verschiedenen Quellen zufolge allein im deutschsprachigen Raum rund 100.000 Websites mit Joomla laufen.
Aufbau und Architektur
webEdition unterscheidet zunächst zwischen Dokumenten und Vorlagen (Templates). Die Templates enthalten eine webEdition-eigene Skriptsprache, PHP-Code ist in Templates jedoch ebenso möglich (und wird auch des öfteren benötigt). So definiert beispielsweise .. einen Link auf ein Dokument mit der internen webEdition-ID 1.
Die webEdition-Sprache möchte es dem Web-Entwickler leichter machen, indem es unzählige Erleichterungen für die Sprache PHP bereitstellt. Leider ist nicht für jeden Anwendungszweck das passende we-Tag dabei und man muss bei anspruchsvolleren Funktionen doch tiefer in die etwas schmuddeligere PHP-Trickkiste greifen.
Dokumente hingegen zeigen bei webEdition die Inhalte auf die Weise an, die im zugehörigen Template festgelegt wurde. Dokumente können im Backend im so genannten Editmode von webEdition-Benutzern bearbeitet werden. Über im Template definierbare Felder können Redakteure im Editmode zu jedem Dokument Inhalte hinterlegen. Mit installiertem Objekt-Modul können sie zudem im Backend von webEdition Inhaltsobjekte anlegen, deren Struktur in sogenannten Klassen festgelegt wurde. Ein Veranstaltungs-Objekt enthält dann beispielsweise die Felder Titel, Beschreibung, Datum, Uhrzeit, Ort und Veranstalter.
Joomla hingegen unterscheidet zwischen Modulen, Komponenten und Templates. Dabei sind Module lediglich Darstellungsbereiche für Inhalte (etwa Menüeinträge). Module sind in der Administration über eine Benutzeroberfläche anpassbar. Man kann also bis zu einem gewissen Grad steuern, wie etwa ein Menü dargestellt wird.
Die Funktionalität, also etwa wie Daten gespeichert und verarbeitet werden, steckt in Komponenten (und auch in Plugins). Auch die Komponenten sind über die Administration von Joomla steuerbar. So können beispielsweise Beiträge erstellt und bearbeitet, verschoben und freigegeben werden.
Das Template schlussendlich steuert, welche Module auf der Joomla-Website wo und wie dargestellt werden.
Damit wird eine logische Trennung von Darstellung und Funktionalität erreicht (was sich in den webEdition-Templates nicht ohne weiteres trennen lässt.)
Objekt-Verwaltung von webEdition und das Backend von Joomla
Funktionsumfang
Grundsätzlich war unser Eindruck, dass bei webEdition viele Site-Funktionen über die we-Sprache oder PHP selbst programmiert oder in Form von Zusatzmodulen (etwa das Objekt-Modul) dazugekauft werden müssen. Hilfreich sind dabei zahlreiche Code-Schnipsel, die man auf der Entwicklerplattform we:DevEdge, aus dem Support-Forum oder den webEdition-Dokumentationen erhält.
Bei Joomla hingegen sind bereits viele sinnvolle Funktionen »ab Werk« vorhanden oder lassen sich über zumeist kostenlose Komponenten und Plugins erweitern.
Und falls es bei Joomla, trotz der Fülle der frei verfügbaren Erweiterungen und dem stattlichen Standard-Lieferumfang, für ein Web-Projekt tatsächlich notwendig sein sollte, eigene Funktionalität zu programmieren, etwa wie in unserem Projekt für eine Schuldatenbank, so sind eindeutig PHP-Kenntnisse erforderlich. Echte PHP-Kenner können dann mithilfe des Joomla-Frameworks eigene Module und Komponenten erstellen. Dieses Framework ist eine Sammlung von speziellen Befehlen und Funktionen, die Joomla bereitstellt, eine waschechte sogenannte API (Application Programming Interface, zu Deutsch: Programmierschnittstelle).
Einen genaueren Überblick über den Funktionsumfang der beiden Systeme können Sie sich in der CMS Matrix verschaffen. Hier können Sie alle gängigen Web-Content-Management-Systeme miteinander vergleichen.
Vorteile und Nachteile der Systeme
Die Vorzüge von webEdition liegen ganz klar in der komfortablen Objekte-/Klassenfunktionalität. Diese gibt es so nicht in Joomla. Außerdem kann man bei webEdition mit professionellem Support rechnen, da eine Firma dahintersteckt. Das soll aber nicht heißen, dass man in Joomla-Foren nicht kompetent beraten wird, man hat nur keinen Anspruch auf individuelle Hilfestellung.
Die Nachteile von webEdition sind aus unserer Sicht die häufig notwendigen lähmend langsamen Rebuilds, wenn man an Templates arbeitet, einige unerklärliche Dinge z.B. bei den Arbeitsbereichen, die teils lückenhafte und leider nicht fehlerfreie Dokumentation sowie die webEdition-eigene Sprache. Diese reicht für anspruchsvollere Funktionen häufig nicht aus und PHP-Kenntnisse werden benötigt. Das Zusammenspiel der webEdition-Sprache und PHP hat uns außerdem einige Male ins Grübeln versetzt. Und schlussendlich natürlich zählen auch die Kosten, die für webEdition-Lizenzen anfallen, als Nachteil.
Doch nun zu Joomla und dessen Vorteilen: Das freie WCMS ist bereits direkt nach der Installation einsetzbar und man erhält direkt eine funktionierende Seite. Sehr viele Funktionen sind bereits »ab Werk« vorhanden (insbesondere wenn man bei der Installation die Beispieldaten inkl. Module mitinstalliert). Vorteilhaft ist aus unserer Sicht außerdem, dass die Anzeige von Inhalten sowie die Funktionen (etwa die Bannerverwaltung) über ein schickes Backend steuerbar sind, ohne auch nur eine Zeile HTML- oder PHP-Code ändern zu müssen. Und natürlich ist Joomla kostenlos und frei einsetzbar – für viele, insbesondere private und gemeinnützige Websites ein unschlagbares Argument.
Die Nachteile von Joomla gegenüber webEdition sehen wir hauptsächlich bei der Erstellung von eigenen Modulen und Komponenten. Hier kommt man nur mit guten PHP-Kenntnissen und einer guten Übersicht über das Framework bzw. die API von Joomla voran. Wirkliche Individualität ist bei Joomla nur mit relativ viel Aufwand zu erreichen.
Fazit
Zumindest für unser Schulportal-Projekt wäre Joomla die bessere Wahl gewesen, da zahlreiche Funktionen sofort einsatzbereit sind: Nachrichten, Volltextsuche, Bannerverwaltung, Sitemap, Kontaktformular, Benutzerverwaltung, Forum, Breadcrumbs und Umfrage, um nur einige zu nennen. Denn gerade auf solchen Portalseiten spielt Joomla seine Stärken aus. webEdition punktet dagegen eher bei mehrsprachigen Firmenwebsites und bei Seiten mit vielen individuellen Inhaltstypen, die von der Objekt-Verwaltung profitieren können.
Thema: Joomla
Stichwörter: CMS, Joomla, Studium, Technische Redaktion, webEdition
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bisher 2 Kommentare
1. Katrin Sabisch | 1. Oktober 2009, 10:32 Uhr
Ein interessanter Artikel. In vielen Dingen stimme ich Ihnen zu. Allerdings möchte ich noch zwei sehr wichtige Aspekte hinzufügen: In puncto Benutzerfreundlichkeit hat WebEdition für mich klar die Nase vorn. Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, einem Kunden Joomla oder WebEdition erklären zu müssen. WebEdition wird in der Regel in kürzester Zeit »durchschaut«, da man viele Arbeitsgänge selbsterklärend gestalten kann. Mit Joomla hat es ein Laie zu Anfang recht schwer.
Der zweite wichtige Punkt: Um Joomla perfekt für Suchmaschinen zu optimieren sind – inzwischen kostenpflichtige – Erweiterungen nötig. Aber selbst diese bieten nicht ganz die Flexibilität, die man von WebEdition kennt.
Nicht zu vergessen: Es gibt zwar zig Module und Templates für Joomla, die schnell einsatzfähig sind, aber man muss auch bedenken, dass viele dieser Templates in WebEdition gar nicht nötig sind. Wenn in WebEdition externer Code für z.B. Werbung platziert werden soll, ist das unkompliziert möglich. Für Joomla muss man dann erst ein Modul suchen…
Beide Systeme haben Stärken und Schwächen. Letztendlich muss es zum Projekt passen. Momentan bevorzuge ich überwiegend WebEdition, obwohl ich beide Systeme im Einsatz habe.
2. Lars | 17. Februar 2010, 14:58 Uhr
Sehr aufschlussreicher Artikel, ich habe bisher neben Wordpress und Drupal gute Erfahrungen mit Mambo und später Joomla machen können und bin nun gespannt welche Vorteile Webedition zu bieten hat.